Im Café Camus in Wien

Das Camus ist kein klassisches Wiener Kaffeehaus, sondern anscheinend eine eher vom jugendlichen Publikum frequentierte Kneipe, aber wer sich nach dem französischen Philosophen benennt, verdient einen zweiten Blick. Zuerst fällt auf, dass man eine halbe Treppe hinab muss, also vielleicht im Sinne einer Metapher für den Tod. Wenn dem so ist, dann ist das Camus ein sehr hübsches und bequemes Grab. Da legt man sich gerne rein. Camus wird ja meist irrtümlich für einen Existenzialisten gehalten, dabei teilte er nicht dessen Annahme, dass die Existenz der Essenz vorausgeht: „Sie gehen und erheben sich beide im gleichen Schritt.“ Das ist offensichtlich wahr, denn der Old Fashioned, den ich bestellt habe, kam ohne Eis, war also die reine Essenz und haute so dermaßen rein, dass ich meiner Existenz aber so was von versichert wurde und das ganz ohne Schritt, sondern im Sitzen. Dem Leid und dem Elend in der Welt sei kein Sinn abzugewinnen, sagte Camus. Da hat er Recht, aber der Freude und dem Genuss durchaus schon – wofür man zwar nicht ins Café Camus gehen muss, aber es tun sollte.

4 Antworten auf „Im Café Camus in Wien“

  1. Angesichts dieses vorerst letzten Bildes einer her-vor-ra-gen-den Caféhaus-Serie scheint mir endgültig klar: „Wir müssen uns Tibor als einen glücklichen Menschen vorstellen.“

    1. Lieber Panne, danke, da kann ich dir bedingt Recht geben. Aber wer in Wien ‚Sisyphos‘ sagt, muss auch immer ‚und Franz‘ dazusagen. Und dann eine ruhige Mozartkugel schieben. LG

  2. Lieber Tibor,
    ich finde auch, dass dies eine ganz fabelhafte Serie ist, die du zu den Wiener Cafés postest! Und es ist grade besonders inspirierend für mich, denn ich fahre nächste Woche für einige Tage nach Wien zu einem Illustrationsworkshop. Ich werde deine beschriebenen Cafés besuchen. Zumindestens eines oder auch zwei. Ich freu mich schon! Danke für diese aussergewöhnlichen Reisetipps und beste Grüße! Lotte

    1. Liebe Lotte, vielen Dank! Das ist ja schön, da wäre ich gerne dabei! Falls du es nicht eh schon kennst, geh doch bitte unbedingt zuerst ins Sperl, Nähe Naschmarkt, die Inkarnation des Wiener Kaffeehauses! Würde mich interessieren, wie du das zeichnerisch interpretierst. Vermutlich mit mehr Gewimmel 🙂 Viel Spaß wünscht Tibor

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