Wer auch immer das Café Prückel geplant und gebaut hat, muss sich gedacht haben: Der Mensch hat Bedürfnisse. Oben tut er was rein, unten muss es wieder raus. Darum ist der Gastraum oben und die Toiletten sind unten. Und damit der Mensch, auch wenn er oben des Guten zuviel hineingetan hat, trotzdem noch rechtzeitig nach unten kommt, bauen wir nicht nur eine Treppe, sondern gleich zwei, eine links herum und eine rechts herum, so ist für jeden was dabei. Ungeschickt ist aber, dass beide Treppen erst nach dem Gang durch ein Nadelöhr zu erreichen sind, denn der Abgang zu den Klos befindet sich mitten im Eingang zur Küche, so dass es gar nicht möglich ist, einem der vielen geschäftigen Ober nicht auf die Füße zu steigen oder ihm wenigstens im Weg herumzustehen. Vielleicht mochte der Architekt keine Ober oder keine Gäste oder überhaupt keine Menschen oder er gehörte zu denen, die immer bloß schnell auf einen Kleinen ins Kaffeehaus eilen und darum nie Zeit haben, die Pointe auch ordentlich zu Ende zu erzählen.
So ’n Mist!
Im Café Kriemhild in Wien
Ein hübsches und hippes Lokal für die studentische Jugend und alle, die noch Jahre später daran glauben, dass man es ihnen nicht ansieht. Ihren Siegfried wird Cream Hilled dort nicht treffen, eher einen angehenden Germanisten, der Arno Schmidt liest, weil das Verbissene vermeintlich zum Veganen passt. Man kann aber auch entspannt einfach so hingehen und eine Melange aus Kriem und der guten Alt-Wien-Röstung schlürfen. Hmmm!
Im Café Namenlos in Wien
Eh!
Im Café Rüdigerhof in Wien
Ein sehr hübsches Café in Margareten mit fast originaler Einrichtung aus den 1950er und 60er Jahren, die seither laut Speisekarte „nur minimal verändert“ wurde, anscheinend in den 1980er oder 90er Jahren. Die Gäste scheinen jedenfalls von heute zu sein, manche aber schauen vielleicht nur so aus. Was zwischen dem Urknall und den 1950er Jahren geschah, ist leider nicht überliefert, ebensowenig, was in den 1970er Jahren und den 0ern und den 10ern vor sich ging. Vermutlich wurde einfach nur gut gegessen und getrunken. Das ist ja eigentlich auch schon genug.
Alt Wien Kaffee
Eigentlich ist das hier eine Rösterei mit kleinem Cafébetrieb. Die Beratung ist hervorragend und der Kaffee noch hervorragender. Ich frage, ob sie etwas mit dem Kaffeehaus in der Bäckerstraße zu tun haben, aber der Chef sagt: „Nein, nur die Verwirrung!“ Gegen die hilft der hervorragendste Kaffee am allerhervorragendsten. Da drin möchte nicht nur Wien gerne alt werden.
Kaffee Alt Wien
Das Kaffee Alt Wien macht seinem Namen alle Ehre, denn wer über 100 Jahre alt ist, darf sich mit Recht alt nennen. Das Lokal wurde 1922 eröffnet und drei Jahre lang auch von den Hawelkas geführt, bevor sie 1939 in der Dorotheergasse das damalige Café Ludwig übernommen haben. Die meisten Leute, die in der Bäckerstraße unterwegs sind, laufen von Lonely Planet ferngesteuert dran vorbei bis ans Ende der Schlange vor dem Figlmüller. Das muss kein Fehler sein, doch dort gibt es außer anderen Touristen nicht viel zu sehen. Im Alt Wien befindet man sich aber im Inneren einer invertierten Litfaßsäule und braucht gar keine Lektüre mitbringen, damit die Zeit vergeht, bis das Schnitzel kommt und das gute tschechische Bier.