„Der Mann, der verwöhnt“ in Wien

An der Kette mit dem komischen Namen kommt man in Wien nicht vorbei, bzw. man kommt ständig an ihr vorbei, weil es in Wien und darüber hinaus gefühlt ca. 10.000 Filialen gibt, von denen vermutlich keine ein Sexshop ist, was ich aber nicht aus erster Hand bezeugen kann. In der Niederlassung am Naschmarkt, wo ich einen Espresso nehme und eine Flasche Wasser kaufe, fragt mich die hübsche Bedienung mit kokettem Augenaufschlag: „Frische Croissants?“ Ich würde eigentlich gerne ‚Ja’ sagen, aber am Ende könnte sie das falsch verstehen.

Im Café Exchange in Wien

In der großartigen Schalterhalle der alten Postsparkasse, von Otto Wagner als Art-Deco-Tempel gestaltet, wird heute nur noch kleines Geld getauscht, nämlich im gleichnamigen Café. Vorher empfiehlt sich ein Gang durch die Gänge des Gebäudes, das von der Universität für angewandte Kunst genutzt, oder muss man sagen: angewandt wird. Der Kundige wird dabei im Untergeschoss an die Mysterienabteilung erinnert werden, und wenn nicht, dann zumindest ein paar skurrile Einblicke genießen dürfen. Anschließend genießt man im Café das eine oder das andere und außerdem, dass ein schöner Ort endlich zu sich selbst gekommen ist. Denn was ist schon die Gründung einer Sparkasse gegen einen Besuch im Kaffeehaus?

Im Café Ritter in Wien

Am Nebentisch ein älteres Paar, beide in ihre Zeitungen vertieft. Er: „Der Baapst is wieder xund, oiso, wia ma hoit xund is, in dem Oita.“ Sie: „Ma is eh nie xund.“ Er: „Immahin kann er wieda rollen.“

Im Café Ritter in Wien

Der junge Herr Ober richtet direkt neben mir an und jedes Mal, wenn er etwas fertig gemacht hat, sagt er „So!“ Außerdem ist er ein Witzbold. Als er mir zu Mittag eine Cola bringt, fragt er neckisch: „Cola Rum?“ und als eine Dame, die allein ist, zahlen möchte, fragt er „Zusammen oder getrennt?“ Was man halt so macht, um sich die Arbeit angenehmer zu gestalten. Als eine spanische Familie in seinem Bereich sitzt, parliert er mehr schlecht als recht in fremder Zunge, und als sie gehen, ruft er ihnen ein fröhliches „Adios!“ nach und raunzt dann halblaut „Schleichts Euch!“ hinterher. Dann sagt er „So!“ und widmet sich der nächsten Aufgabe.

Im Café Weingartner in Wien

Während in meiner Heimatstadt ein Besuch in einem Café meist bedeutet, dass man in einem winzigen Raum mit zu vielen aufgeregt plappernden jungen Familien zusammengepfercht auf Kindermöbeln hockend eine halbe Stunde auf einen simplen Kaffee warten muss, veranschaulicht das Café Weingartner den Unterschied zwischen Barbarei und Zivilisation. Hier kann man in einem großzügig bemessenen und dem Auge schmeichelnden Raum ungestört und beinfrei alles haben, was Zunge und Gaumen begehren, während einer mit Queue und Kugeln auf einem der Karamboltische Geräusche macht, die das Ohr nicht beleidigen.

Im Café W.I.F. in Wien

Auf der Landstraßer Hauptstraße gibt es neben der Rochuskirche ein kleines Espresso, das „W.I.F. – Welt im Film“ heißt. Das leinwandgroße Schild über dem Eingang ist wohl schon ein Hinweis auf den Ursprung des Namens und auf die Frage nach dessen Herkunft bestätigt die Bedienung, dass das Café früher ein Kino gewesen sei. Innen scheint nicht nur die Zeit hocken geblieben zu sein, auch die Gäste leisten ihr wohl seit einigen Jahrzehnten gute Gesellschaft. Vielleicht warten sie noch darauf, entdeckt zu werden, denn dies wäre genau der Ort, an dem E.T. Spira einen Film machen würde. Aber daraus wird leider nichts mehr. Dann wartet man eben weiter und schaut in der Zwischenzeit aus dem Fenster und den Fiakern zu, wie sie auf der Landstraßer Hauptstraße erst in die eine Richtung rollen und dann wieder in die andere. Wie im Film.

Im Café Bräunerhof in Wien

Die beiden älteren Herren rechts und links neben mir blättern lautstark und rasch in ihren Zeitungen. Wie man bei diesem Tempo überhaupt etwas lesen kann, ist mir schleierhaft. Abwechselnd steht einer auf und holt sich eine andere Lektüre. Vielleicht ist es eine Art Wettbewerb?

Abi 25

Für die ist es vorbei, aber ich muss den Quatsch jetzt lesen.

Gastbeitrag von Hubert Schelle

Haas-Haus, Wien

Hubert mahnt, dass wenn jetzt schon Gäste einstellen müssten, damit was los ist, gehe es ohne die alten Kämpfer wohl nimmer.

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